SAP und Apple – warum sie nicht gleich sind und nicht gleich werden

Golem vermeldet im Artikel http://www.golem.de/1201/89391.html: „Wir wollen Apple ein Stück weit ähnlich werden“. Jim Snabe stehe für eine neue Kultur der Erneuerung im Unternehmen. Ein ausführliches Statement dazu, warum dies der SAP auf dem bisherigen Wege nicht gelingen wird, will dieser Artikel bringen.

Zum Einstieg sei gesagt, dass Heuristika selbst viel Herzblut und auch Geld in die Entwicklung eines Geschäftsfeldes „SAP Business ByDesign“ gesteckt hat. Der hierfür zuständige Mitarbeiter – Michael D. Jackson – hat das Unternehmen vor wenigen Wochen verlassen, weil er sich zu sehr aufgerieben hat im Kampf gegen den Berg, auf den er den Felsen namens ByD rollen wollte. Aber kommen wir zum Thema:

In der Tat scheint man sich in Walldorf die Produkte bei Apple wirklich angesehen zu haben. Zu sehen ist dies zum Beispiel an der Report Gallery im ByD („Cover Flow“ lässt grüßen) oder an der Idee eines App-Market für ByD-Applikationen, die von Dritten entwickelt werden. Warum aber glaube ich nicht daran, dass der SAP dieser Schritt gelingt?

Das ist ganz einfach zu beantworten: Um Apple ein bisschen ähnlicher zu werden, muss die SAP das Volumengeschäft zu verstehen beginnen. Dies gelingt ihnen aber ebenso wenig wie es Apple gelingt, das Geschäftskundengeschäft zu begreifen.

Hier ein kleiner Exkurs zum D8-Interview von Steve Jobs durch Walt Mossberg. Dort sagt er ganz deutlich, dass es Probleme gibt, mit dem Wissen über den Consumer-Markt auch im Geschäftskundenbereich erfolgreich zu sein, denn dort kaufen Menschen die Geräte, die sie nie benutzen – ein Umstand, den man von Kunden gar nicht kenne. Außerdem ist es immer noch eine Herausforderung für Unternehmen, iOS-Geräte zentral zu administrieren – oder auch nur eine einfache rechtskonforme Rechnung aus dem AppStore zu erhalten. Auch personenbezogene Lizenzen sind im Geschäftskundenbereich bestenfalls als „weltfremd“ zu bezeichnen – verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, ist die vom Unternehmen bezahlte Lizenz weg. All dies sind Beispiele dafür, warum es Apple schwer hat, im Geschäftskundenbereich Fuß zu fassen. Zumindest erheblich schwerer, als dies beim Endkunden („Consumer“) der Fall ist.

Aber zurück zur SAP, die in meinen Augen den Volumenmarkt nicht verstanden hat. Dies will ich freilich belegen.

Beim Produkt für den Volumenmarkt (SAP Business ByDesign) setzt die SAP auf eine Handvoll Vertriebspartner, die ByD-Verträge direkt anschließen dürfen. Diese Vertriebspartner müssen ausgesprochen anspruchsvolle Anforderungen erfüllen, zum Beispiel siebenstellige Umsatzzahlen über einen bestimmten Zeitraum. Dies führt zu dem Effekt, dass ByD-Projekte eben nicht von den vielen kleinen Beratungsunternehmen gemacht werden können, die die Zielgruppe Mittelstand sehr gut kennen und seit langer Zeit beraten, sondern von eben diesen Vertriebspartnern.

Diese Vertriebspartner haben durch ihre Größe auch das, was man despektierlich „Wasserkopf“ nennen könnte und interessieren sich fast ausschließlich für die großen Mittelständler, die sog. LME. Die vielen, vielen kleinen Mittelständler bleiben dabei außen vor, und das aus zwei Gründen:

1. Unternehmensgröße
Ein Beratungsunternehmen, das erheblich größer ist als der Kunde, erzeugt Misstrauen. Nicht zu Unrecht wird der potentielle Kunde damit argumentieren, dass ein solches Beratungsunternehmen mit Prozessen agiert, die es selbst aus der eigenen Betriebstätigkeit nicht kennt, eben weil es selbst viel größer ist. Dieses Akquisehemmnis steht dabei schon im Raum, noch ehe der Berater sein erstes Wort gesagt hat.

2. Projektgröße und Kundennähe
Diese Zielgruppe bringt vor Allem eines mit sich: Viele kleine, geographisch verteilte Projekte mit je geringer Marge. Die Akquise solcher Projekte ist für die o. g. Vertriebspartner der SAP zu teuer. Würde man auf die tausenden in Deutschland verteilten Einzelberater und kleinen Beratungsunternehmen zurückgreifen, entstünde das Problem jedoch nicht. Diese sind in jedem Winkel des Landes präsent und kennen oft viele mittelständische Unternehmen in ihrer Region persönlich. Ebenso wie der Mittelständler seine Kunden, seine Mitarbeiter und nicht selten auch die Familien seiner Mitarbeiter kennt, deren Kinder unter Umständen mit den eigenen die Schule teilen. In DIESEM Umfeld muss man sich authentisch bewegen können!

Man braucht Nähe, Nähe und nochmals Nähe – und das nicht nur vor und während des Projektes, sondern insbesondere danach. Wenn Sie einem Mittelständler eine 0800er-Hotline-Nummer geben, machen Sie sich lächerlich. Geben sie ihm eine persönliche, direkte Telefonnummer eines Beraters, den er auch kurzfristig treffen kann. Einem Berater, mit dem er persönlich sprechen kann, den er persönlich kennt und dem er (das ist ganz besonders wichtig) ganz persönlich auf die Füße treten kann, wenn etwas nicht funktioniert wie gewünscht.

3. Mittelständler-Mentalität
Der Unternehmensberater, der im Designeranzug einem Mittelständler etwas erzählen will, welcher vielleicht selbst gerade noch an der Drehbank gestanden hat, um in einem Engpass auszuhelfen, erlangt nur unverständliches Kopfschütteln und einen Sonderplatz in den Gesprächen des nächsten Stammtisches: „Stellt euch vor, bei mir war neulich ein SAP-Berater!“ – leider zu später Stunde, wo das Maß der Erheiterung entsprechend ist.

Man mag das glauben oder nicht, ein Berater in Jeans und Pulli wirkt in diesem Umfeld erheblich glaubwürdiger, insbesondere dann, wenn er über einen längeren Zeitraum gezeigt hat, dass er kompetent ist und den Betrieb aus der Sicht eines Mittelständlers sehen kann. Genauso muss auch die sprachliche Barriere überwunden werden: Keine englischen Folien, keine englischen „Fachbegriffe“, keine Beratung aus dem Lehrbuch.

Mittelständler verstehen lernen
Um mit einem Mittelständler in Kontakt zu kommen und von selbigem ernst genommen zu werden, bedarf es – neben der Kompetenz in der Lösung selbst, die ich als selbstverständlich voraussetze – zweierlei: Den persönliche Kontakt und eine Mentalität, die von Praxisbezug und Pragmatismus gekennzeichnet ist. Gerade Letzteres wird einem SAP-Berater intuitiv abgesprochen, wenngleich das im Einzelfall auch nicht stimmen mag.

Man kommt nicht drumherum: SAP hat den Ruf, kompliziert und teuer zu sein, egal mit welchem Produkt sie daherkommen mögen. Gerade für Business ByDesign ist diese Aussage gänzlich falsch, davon muss ein Kunde aber überzeugt werden – und damit sind wir wieder bei der persönlichen Bekanntheit. Heuristika hat selbst bei der Beratungstätigkeit gelernt, dass „SAP“ kein Türöffner im Mittelstand ist, sondern eher ein Türenzuknaller.

Viel überzeugender als ein orts-, branchen- und betriebsfremder SAP-Berater kann dies ein seit Jahren im Betrieb und der Betriebsleitung persönlich bekannter Berater, der genau die hier geforderten Ansprüche seit Jahren unter Beweis gestellt hat. Diese Berater laufen zu Hauf‘ im Lande herum und sie könnten, einem Haufen fleißiger Ameisen gleich, die Botschaften ins Land tragen, die SAP Business ByDesign benötigt, um als das hervorragende Produkt präsentiert zu werden, das es zweifellos ist. Gerade weil wir uns von der Qualität wie auch der Leistungsfähigkeit des Produktes selbst überzeugen konnten, ist der Frust über die geringe Marktdurchdringung besonders hoch.

Plattformen wie Abayoo und Cloudsters (um nur zwei zu nennen) sind wie geschaffen dafür, solche Kräfte gleichzeitig zu bündeln und zu verteilen – dies klingt nur auf den ersten Blick widersprüchlich, in Wahrheit ist das Verständnis genau dieses Modells der Schlüssel zum Erfolg. Hier sammeln sich lauter kleine und kleinste Berater, aber auch viele kleine und größere Mittelständler, um getrennt voneinander oder zusammen zu arbeiten.

Google und Microsoft sind klassische Beispiele von Unternehmen, die dieses Modell verstanden haben. Diese Unternehmen arbeiten mit vielen, vielen kleinen Multiplikatoren (aka Vertriebspartnern) zusammen und sind außerordentlich erfolgreich dabei.

Und nebenbei: Sage steht in den Startlöchern, der SAP zu beweisen, dass sie (im Ggs. zur SAP) den Mittelstand verstehen und genau diese Art von Produkten verkaufen können, gegen die ByD rein von den Fakten her ein leichtes Spiel haben müsste.

In erster Linie sind sie jedoch eines: Sie sind bekannt! Wir von Heuristika kennen wahrlich eine Menge SAP-Berater aus einer Vielzahl auch internationaler Projekte im R/3-Umfeld – aber nur eine sehr kleine „Clique“ unter ihnen kennt ByD. Wenn schon die Experten, die SAP seit vielen Jahren kennen, ByD nicht kennen, woher sollen die potentiellen Kunden wissen, wer oder was Business ByDesign ist? Warum sind Google und Microsoft, Sage und sogar der klassische Endkundenverkäufer Apple im Mittelstand bekannter als Business ByDesign?

Das Problem hierbei ist die fehlende Präsenz in den Köpfen der Leute. Marketing für die Massen funktioniert gänzlich anders als Marketing für die Großen. Die SAP muss entweder selbst da sein, wo sich der Mittelstand trifft oder zumindest die unterstützen, die dort diese Lösung vorstellen wollen. Nicht CeBIT, liebe SAP. Mittelstandsvereinigungen in Hamburg-Bergedorf oder Belzig (zur Orientierung: Das liegt in Brandenburg) sind die Treffpunkte der Zielgruppe! Solange SAP nur bei den Aktiennachrichten, nicht jedoch zwischen dem neuen iPhone und Google Apps in den Medien stattfindet, wird ByDesign beim Kunden nicht ankommen.

Ralf Wenzel
Inhaber Heuristika Unternehmensberatung
Stv. Vorstand Cloudsters Hamburg e.V.

URL zum Artikel: http://www.heuristika.de/saas/sap-ist-nicht-apple/
Heuristika ist IT-Beratung – aber anders. Heuristika verfolgt den Ansatz, dass kleine und mittlere Unternehmen durchaus von professionell betriebener IT-Infrastruktur lernen können, wie wir sie in unzähligen SAP-Projekten kennengelernt haben. Heuristika arbeitet selbst räumlich sehr verteilt – der Firmensitz ist das Internet. Dort teilen wir unsere Ressourcen, dort kommunizieren wir miteinander. So können wir uns die Besten für jeden Bereich suchen und uns die Möglichkeit eröffnen, dass bei unserem Mitarbeiter das iPhone „plingt“ wenn 500 km entfernt im Büro ein Termin vereinbart wird. Und nur so ist es möglich, dass z. B. eine Mutter kleiner Kinder voll am Arbeitsprozess teilhaben kann – ohne Angst zu haben, was sie wohl macht, wenn eines der Kinder kränkelt.

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